Per Seeliger
Rechtsanwalt

Hexal und Frisenius klagen gegen die Erweiterte Herstellerantwortung gemäß der Kommunalabwasserrichtlinie

Mehrere europäische Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika, aus Deutschland unter anderem Frisenius und Hexal, haben den Europäischen Rat und das Europäische Parlament verklagt. Ziel der Klage ist es, die Bestimmungen der neuen EU-Kommunalabwasserrichtlinie (KARL), die die sog. Erweiterte Herstellerverantwortung festschreiben, für nichtig zu erklären. Diese Bestimmungen legen fest, dass die Hersteller dieser Produkte sich an den Kosten der 4. Reinigungsstufe einer Kläranlage zu 80% zu beteiligen haben. Die Kläger behaupten zur Begründung unter anderem, die damit verbundenen Kosten seinen unzutreffend abgeschätzt worden und somit nicht kalkulierbar. Außerdem würden die Hersteller rechtswidrigerweise gezwungen, sich zu Vereinigungen zusammenzuschließen, die die Zahlungen an die Kläranlagenbetreiber ausführen sollen.  Bisher sind 16 Klagen im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht worden. Außerdem hat auch der Mitgliedsstaat Polen Klage erhoben.
Eine der dabei zu entscheiden Fragen ist nach Auffassung der Kläger die Ermächtigungsgrundlage: Art 192 Absatz 1 oder Abs. 2 AEUV?
Die deutschen Unternehmen werden u.a. von der Kanzlei Clifford Chance vertreten.




BVerwG: Das Maßnahmenprogramm an der Ems muss nachgebessert werden
Das Bundesverwaltungsgericht hat am am 6. März 2025 entschieden, dass das Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Ems bezüglich der Bekämpfung des Nitratgehalts nachgebessert werden muss. Schon das OVG Niedersachsen hatte die Fristverlängerungen für den Abbau der Nitratbelastungen für unwirksam erklärt. Die dagegen gerichtete Revision wies das Bundesverwaltungsgericht nunmehr zurück, weil die planende Behörde das Verschlechterungsverbot und die Verpflichtung zur Trendumkehr (bei der Nitratbelastung) nicht genügend beachtet habe.
Außerdem hat das Bundesverwaltungsgericht (erneut!) den EuGH um eine Vorabentscheidung gebeten. Es legte dem EuGH die Frage vor, ob Fristverlängerungen im Maßnahmenprogramm dann unwirksam sind, wenn im Bewirtschaftungsplan die Gründe für die Fristverlängerung nicht ausreichend dargelegt sind. Ob das wegen Art. 267 AEUV wirklich erforderlich war, wird man vielleicht in der Entscheidung lesen.
Natürlich muss man erst einm,al die Begründung der Entscheidung lesen. Nach der Lektüre der Presseerklärung scheint unter anderem eine wesentliche Rolle die Prognose der künftigen Entwicklung der Nitratbelastung gespielt zu haben. Das ist eine Frage, die auch bei anderen Prüfungen des Verschlechterungsverbots und auch des Verbesserungsgebot eine Rolle spielt. Was das Gericht hier fordere, wird man wohl erst beurteilen können, wenn das Urteil verfügbar ist.
Aber es zeigt sich aus meiner Sicht erneut,

  • dass die Bestandsaufnahme, der bewirtschaftungsplan und das Maßnahmenprogramm aufeinander aufbauen. Das ist besonders wichtig, weil in NRW dieses Jahr die neue Bestandsaufnahme für die Gewässer in NRW erstellt werden. Wenn dort Defizite der Gewässerqualität und deren Gründe nicht aufgelistet sind, werden sie auch nicht auch imBewirtschaftungsplan auftauche und Begründungen für die Einstufung des gewässers, Ausnahmen und fristverlängereungen können nicht hinreichend begründet werden.
  • Außerdem: welche Rolle die Rechtsprechung neben der der zuständigen Behörden (und damit der Ministerien und der gewählten Regierung - also Demokratie!) bei der Bewirtschaftung der Gewässer spielt.

Die Entscheidung des Gerichts liegt noch nicht vor, es gibt allerdings eine Presseerklärung https://www.bverwg.de/de/pm/2025/15


Neue Grenzwerte in der Wasserrahmenrichtlinie

Die Verhandlungen in der Europäischen Union über eine Novelle der Wasserrahmenrichtlinie und ihrer Tochterrichtlinien gehen nunmehr in die letzte Runde. Am 4. Dezember 2024 hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments dem Start des so genannten Trilog-Verfahrens zugestimmt. Das bedeutet: Die Europäische Kommission sowie das Europäische Parlament hatten vor 2 Jahren eine umfangreiche Änderung der Wasserrahmenrichtlinie und auch ihrer Tochterrichtlinien, die Umweltqualitätsziele für Oberflächengewässer und das Grundwasser festsetzen, vorgeschlagen. Nunmehr beraten die drei Institutionen Europäisches Parlament, Europäische Kommission und EU-Umweltministerrat (deswegen Trilog) über einen gemeinsamen Kompromiss.
Die vorgeschlagenen Änderungen werden im Falle der Verabschiedung erheblichen Einfluss auf die Abwasserreinigung der Kläranlagen-betreiber haben, weil unter anderem vorgeschlagen wird, für Oberflächengewässer ein Umweltqualitätsziel für Diclofenac festzusetzen. Dieser ist so streng, dass er fast nur mit der Einrichtung einer 4. Reinigungsstufe erreicht werden kann. Außerdem werden einige Parameter, die heute nur unterstützenden Charakter haben, zur Bewertung des chemischen Zustands der Gewässer heraufgestuft. Das hat zur Folge, dass alle Anträge auf Zulassung eines Vorhabens, das mit einer Gewässer-benutzung verbunden sind, eine Prüfung enthalten müssen, ob diese Parameter überschritten werden könnten und eventuell gegen das Verschlechterungsverbot / Zielerreichungsgebot verstoßen. Das gilt für Abwassereinleitungen aus Kläranlagen, aber auch für andere Industrievorhaben oder für Kraftwerke. Der Aufwand für solche Anträge wird sich also deutlich vergrößern. Das bedeutet einerseits mehr Gewässerschutz, auf der anderen Seite mehr Aufwand für alle Vorhabenträger und Behörden.

Die Trilog-Verhandlungen sollen im Juni 2025 fortgesetzt werden. Der derzeigen polnischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2025 wird dabei eine Schlüsselrolle zu kommen.

Sehr lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Stellungnahme des Bundesrats BR 14/23 https://www.bundesrat.de/drs.html?id=14-23%28B%29 zu dem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission, maßgebich geschrieben von einem erfahrenen Wasserrechtler.



Von Der Leyen kündigt Initiative zum Schutz des Wassers an

 Die neu gewählte Präsidentin der EU Kommssion Ursula von der Leyen hat in ihren Leitlinien für den nächsten fünf Jahre der EU Kommission u.a. eine Initiative zum Schutz des Wassers angekündigt, So heiss es auf Seite  22:

We need a new European Water Resilience Strategy to ensure sources are properly managed, scarcity is addressed, and that weenhance the competitive innovative edge ofour water industry and take a circulareconomy approach. As part of this, we will lead efforts to help mitigate and prevent acute water stress across the world.

Es bleibt abzuwarten, wie die EU-Kommssion das Wasser künftig gegen verschiedene Bedrohungen widerstandsfähiger machen will. Wichtig ist vor allem, dass dieses Ziel überhaupt in den Leitlinien auftaucht. EIn erster Erfolg!


Europäisches Naturschutzgesetz verkündet

Das Europäische Naturschutzgesetz ist am 29. Juli 2024 im Amtsblatt der europäischen Union veröffentlicht worden. Das Gesetz tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft, mithin also am 18. August 2024. Das Gesetz ist unmittelbar geltendes Recht in Deutschland. Es gibt zahlreiche Bezüge zum Wasserrecht zum Beispiel die Vernetzung von Auen oder das Entfernen von Hindernissen im Gewässer (Wehre) gemäß Artikel 9 NRL. Diese werden aber im Zusammenhang mit der Erzeugung von Strom aus Wasserkraft benötigt.  Wo die  3 Milliarden Bäume gepflanzt werden sollen, ist ein Rätsel, ist aber in Art. 13 vorgeschrieben. Noch mehr Kampf um Ackerland?

Das Gesetz ist wie gesagt in ein paar Wochen geltendes Recht in Deutschland. Wir müssen uns damit beschäftigen, welche Auswirkungen das Gesetz auf die Bewirtschaftung der Gewässer hat. Und auch, ob wir die vorgeschriebenen Prüfungen nicht alle schon heute bei der FFH-Prüfung oder Artenschutzprüfung haben, jedenfalls wenn es um geschützte Gebiete geht. Oder kommt noch was obendrauf?

Hinweis:. 

Die wesentlichen Inhalte sind hier Nature restoration law: Council gives final green light - Consilium (europa.eu) veröffentlicht. Die Presseerklärung gibt es im Moment des Erstellens dieser website nur in englischer Sprache.

Es kann sein, dass dieses Gesetz eines der letzten grünen europäischen Gesetze ist, wenn die neuen Mehrheiten im europäischen Gesetz in Bezug auf das Umweltrecht zurückhaltender sind.

Eine erste Zusammenfassung englischer Sprache finden Sie hier.



EuGH Urteil gegen Deutschland wegen Nicht-Umsetzung EU-naturschutzrechtlicher Bestimmungen

Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland wegen einer fehlerhaften Umsetzung der so genannten Habitatrichtlinie verurteilt. In dem Verfahren ging es um den Schutz bestimmter Grünlandflächen vor Überdüngung und zu frühe Mahd. Die vor Ort getroffenen Vereinbarungen zwischen Behörde und Grundstückseigentümern zum Schutz der Natur seien nicht ausreichend, erforderlich seien bindende Vorschriften und Kontrollen, sagt der EuGH. Die Entscheidung wird von einigen Naturschutzverbänden begrüßt. Sie kann aber auch als Absage an den Vertragsnaturschutz verstanden wissen, jedenfalls dann, wenn die Vereinbarungen nicht durchgesetzt und kontrolliert werden. Das gilt auch für das Wasserrecht.



Zurück zu meinem Portrait