Worum geht es eigentlich beim Wasserrecht?
Einleitung
Beim Wasserrecht geht es darum, wer unter welchen Bedingungen das Wasser in Flüssen oder Seen oder auch das Grundwasser benutzen darf. Unter Benutzen versteht man das Entnehmen von Wasser für private oder gewerbliche Zwecke (zum Beispiel für ein Kraftwerk aber auch für die Landwirtschaft zur Beregnung von Feldern), das Einleiten von Wasser in ein Gewässer (zum Beispiel Kühlwasser oder Abwasser). Benutzen kann aber auch vorliegen, wenn Stoffe in ein Gewässer eingebracht werden (zum Beispiel ein Brückenpfeiler, der in das Grundwasser eindringt oder Maßnahmen der Geothermie) oder zum Beispiel beim Kiesabbau, wenn das Grundwasser freigelegt wird. Diese keineswegs abschließenden Beispiele zeigen, dass es bei Wasserrechten nicht nur um Wasserrechte für die Trinkwasserversorgung oder die Abwasserentsorgung geht, sondern dass das Wasserrecht eine entscheidende Rolle bei fast allen gewerblichen Tätigkeiten spielt. Viele gewerbliche Tätigkeiten aber auch Infrastrukturvorhaben wie zum Beispiel der Straßenbau sind ohne eine wasserrechtliche Gestattung nicht zulässig.
Und nicht zu vergessen: auch die Nutzung der Wasserkraft zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen ist ohne Wasserrecht nicht möglich.
Wasserrecht ist aber nicht nur die Benutzung von Gewässern, sondern auch deren Unterhaltung sowie der Schutz von Menschen und Gütern vor Hochwasser, Starkregen und Überschwemmungen. Europäisches und nationales Recht verlangen, dass Gewässer in eine möglichst naturschutznahen Zustand gebracht und erhalten werden. Dies kann eine Vielzahl von Maßnahmen an den Gewässer erfordern.
Zudem müssen Gewässer so unterhalten werden, dass sie bei normalem Wasserstand das Wasser gefahrlos durch das Gewässerbett abführen können. Das Wasserrecht regelt aber auch, welche Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser und Starkregen zu ergreifen sind. Hier greifen nicht nur Vorschriften des Wasserrechts ein, sondern auch solche des Baurechts - zum Beispiel (das Wiederauf)bauen von baulichen Anlagen in Überschwemmungsgebieten – . Gerade diese Vorschriften sind häufig in Gemeinden politisch schwierig durchzusetzen, weil sie auch Grundrechte, vor allem aus dem Eigentum (Art. 14 GG), betreffen. Sie sind aber, wie die Hochwasserkatastrophen an der Ahr und an der Erft zeigen, von erheblicher Relevanz.
Beispiele
Wo steht etwas über das Wasserrecht?
Das Wasserrecht ist sowohl im europäischen Recht wie auch in Bundesrecht und Landesrecht geregelt.
Es wird also ersichtlich: Wasserrecht spielt fast überall eine ganz wesentliche Rolle. Wer für seine Tätigkeiten oder Vorhaben ein Gewässer benutzen will, muss sich entweder selber gut in Wasserrecht auskennen, oder er benötigt anwaltliche Hilfe für die Verwirklichung seiner Vorhaben.
Das wasserrechtliche Entscheidungsprogramm
Eine Benutzung des Wassers ist (abgesehen von geringfügigen Wasserentnahmen ohne Verwendung einer Pumpe) ohne eine vorherige wasserrechtliche Gestattung nicht zulässig.
Eine solche Gestattung kann eine Bewilligung oder auch eine Erlaubnis sein. Die Bewilligung ist das stärkere Recht, da es in der Regel ohne Entschädigung nicht widerrufen werden kann. Die Erlaubnis lässt ebenfalls die Gewässerbenutzung zu, sie ist aber im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens durch die Wasserbehörde widerrufbar.
Wenn bei der Wasserbehörde ein Antrag auf Gestattung einer Gewässerbenutzung eingeht, wird sie zunächst prüfen, ob zwingende Versorgungsgründe gegen die Erteilung der Gestattung vorliegen, vgl. §§ 12 Abs. 1 und 48 Wasserhaushaltsgesetz. Hier ist vor allem an eine Gefährdung der öffentlichen Trinkwasserversorgung zu denken. Ein zwingender Versorgungsgrund liegt aber auch vor, wenn die beabsichtigte Tätigkeit zu einer Verschlechterung des Zustands des Gewässers führen würde. Außerdem muss der Antrag versagt werden, wenn beispielsweise bei einer Einleitung von Abwasser diese dazu führen würde, dass die Umweltqualitätsziele des aufnehmenden Gewässers nicht erreicht werden oder das Erreichen des guten ökologischen Zustands erschwert wird (Verbesserungsgebot).
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Wenn ein zwingender Versagungsgrund nicht vorliegt, bedeutet dies anders als beispielsweise im Baurecht oder Immissionsschutzrecht keineswegs, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat. Vielmehr hat die Behörde ein Bewirtschaftungsermessen, ob sie dem Antrag stattgibt, Auflagen erteilt oder den Antrag ablehnt, § 12 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz. Ermessen bedeutet, dass die Behörde alle für und gegen die Erteilung der Gestattung erfasst und gegeneinander abwägt.
Bei diesem Bewirtschaftungsermessen kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ganz entscheidend darauf an, ob es für das aufnehmende Gewässer Bewirtschaftungsziele oder zwingende Maßnahmen, die vorzunehmen sind, gibt. Vorhabenträger und beratende Anwälte müssen also den Inhalt dieser Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme kennen.
Unerläßlich für Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme ist eine vollständige Bestandsaufnahme der jeweiligen Gewässer, weil dort die etwaigen Defizite des Gewässerzustandes und deren Ursachen aufgenommen werden müssen. Die Bestandsufnahme für den 4. Bewirtschaftungscyclus läuft im Moment (Frühjahr 2025).
Per Seeliger
Mai 2025
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